Letzte Aktualisierung:
August 22, 2010

DEZEMBER

1900

Samstag,
01. Dezember

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
...und es wurde an ihm das Urteil durch Enthaupten von einem chinesischen Scharfrichter vollstreckt.

Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
 
1:30 Uhr mit S90 nach Shanghai gefahren, zur Probe. Dienstag soll das große Konzert stattfinden. Fürst Bismarck, wir und die Stadtkapelle.

Sonntag,
02. Dezember

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
...ging wieder ein Streifzug ab, Infanterie, eine Haubitzbatterie und Kavallerie, zu letzterer 20 Mann unserer Kolonne. Der Zweck war die Vertreibung von Boxern aus der Umgegend Tientsins.

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Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
 

Mit dem 1. Zuge 8:30 nach Wusong zurück. 6 Mann, die anderen 8 Mann müssen am Bahnhof warten, bis zum nächsten Boote, weil nicht alle in die Pinasse hineingingen. 1:45 Uhr n. kam der englische Admiral Seymour mit seiner Jacht und 1 Torpedoboot den Yang tse herunter. Musik und Wache auf die Laufbrücke. Englische Hymne, legte sich dicht bei uns vor Anker. 2 Uhr kam ein französischer Kreuzer von See mit voller Takelage. Beurlaubte auf Fürst Bismarck und Weißenburg.
Montag,
03. Dezember

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Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
 

6:45 nach Shanghai zur Probe. 10 – 12 – 2 – 4 ½ in der Loge. 

Dienstag,
04. Dezember
Feldbrief des Generalfeldmarschalls, Graf von Waldersee an Major z. D. Scheibert

                                                                                                                                      PEKING, I-lun-Tien zu deutsch Winterpalast,

der aber nur einem launigen Einfall diesen Namen verdanken kann; denn wie ein leidlich vernünftiger Mensch hier freiwillig einen Winter über wohnen will, ist mir zunächst noch schleierhaft!

Großer Thing kwang hsü, 16. Jahr, 10. Monat 14. Tag, oder zu deutsch 4/12 1900

Doch nun zur Sache!

Verehrter Freund!

Ihr Brief vom 9/10 erfreute mich gestern sehr & führte mir, allerdings in zarter Weise, Sünden, die ich in Nichtbeantwortung Ihrer Postkarte begangen, ins Gedächtnis zurück. Die Sache lag aber so, dass ich in jenen Tagen abgehetzt war, wie selten ein Mensch mit leidlich guten Gewissen & selbst wenig Zeit zum Lesen, aber gar keine zum Dechiffrieren fand. Sie hatten sich in der Idylle an der Ostsee mit einer so unglaublich schlechten Tinte versehen, deren Sie sich mit einer Konsequenz bedienten, die auf anderen Gebieten Grosses hätte leisten können, mir aber den Genuss raubte, mit einiger Sicherheit einen Schluss zu ziehen auf das, was sie mir anvertrauen wollten. –
Hier ist doch nun ein ganz Teil mehr zu tun & Arbeit, als zu vermuten war & ist der Tag schnell herum, so dass ein so gewaltiger Anstoß wie Ihr Brief nötig war, um mich zu einer Replik zu vermögen!
Zunächst kann ich nur melden, dass es mir ausgezeichnet geht. Weder das Rothe Meer, noch sonstiger Aufenthalt in den tagen haben mich angefochten; ich bin durch den ungesunden Aufenthalt in Tientsin glücklich gekommen & befinde mich hier in meiner in sehr gesunder Lage befindlichen Residenz bei wirklich herrlich konstanten Wetter so frisch wie man es nur verlangen kann.
Seit 7 Wochen nicht ein Tropfen Regen, immer klarer Himmel. Nachts kühler jetzt auch schon kalt, am Tage wonniger Sonnenschein in dem längs des Lotossees mit großartigem Blick auf hochgelegene Tempel und Türme, zu weilen oder zu promenieren ein Genuss ist, wie man ihn in dem sonst so empfehlenswerten Norddeutschland nur an wenigen Tagen im Jahr sich verschaffen könnte. Dazu ist Peking eine hochinteressante Stadt. Kein Europäer hat sie, abgesehen von dem Gesandtschaftsviertel und einigen schmutzigen Straßen, wirklich gekannt. Einige Diplomaten haben ab und an geheiligte Orte flüchtig und auch nur an abgegrenzten Stellen betreten dürfen.
Jetzt liegt hier alles vor uns offen und benutze ich diese Gelegenheit gründlich. Ich bin sehr beweglich und mache eigentlich jeden tag einen Ritt u. auch eine Fahrt u. habe eigentlich noch jeden tag etwas neues gesehen.
Dass das Land eine große Zeit gehabt haben muss, sieht man an seiner Hauptstadt, dass diese Zeit aber vorüber ist an deren Zerfall.
Die Stadt ist uralt und weist ihre Geschichte nachweisbar bis 1200 Jahre vor Chr. zurück. Sie ist allerdings mehrfach zerstört, aber immer wieder an derselben Stelle aufgebaut worden. Nachdem 6 Dynastien sich gefolgt waren, kamen die Mongolen unter Dschinghis Chan ins Land und beherrschten es bis sie von der chinesischen Ming Dynastie im Jahre 1368 vertreiben wurden.
Den Mings sind 1616 die Things gefolgt die (barbarisch?) mandschurischer Herkunft sind und noch jetzt herrschen.
Die ersten Ming Kaiser bauten die Stadt um und so auf, wie sie noch heute steht. Es mussten tüchtige Leute gewesen sein mit großen Gesichtspunkten, denn eine Stadt zu schaffen von der jetzigen Größe Pekings von einer kolossalen Mauer umgeben u. in ihr wieder eine von ähnlich hohen Mauern umgebene Kaiserstadt, in der wiederum ein Palast von riesigen Dimensionen liegt, der gleichfalls durch seine Umfassung eine Festung bildet, das ist wirklich ein Gedanke, den nur groß angelegte Naturen fassen können.
Der Kaiser Palast – hier ist alles in ?blanger Form gebaut, ist 1200m lang. 800 breit, die Kaiserstadt 3000m lang, 2000m breit, die Tartarenstadt in der die Kaiserstadt liegt 5500m lang und ebenso breit; unmittelbar neben ihr, aber durch eine gewaltige Mauer getrennt, liegt die Chinesenstadt mit 6500m und 3500m. Die ganze Stadt ist daher 9000m lang und im Norden 5500m im Süden 6500m breit. Die Umfassungsmauer ist 35-45m hoch und oben so breit, dass bequem 3 Wagen neben einander drauf fahren können; sie ist ganz im Styl 14-15ten Jahrhunderts gebaut, hat zahlreiche flankierende Vorsprünge; die 13 äußeren Thore, ebenso wie die 3 die Tartaren mit der Chinesenstadt verbinden, sind vollständige Kastelle mit großem innerem Hofraum und mehrere Etagen große, für Geschütze eingerichtetem Aufbau. Die ganze Mauer hat einen breiten Wassergraben, wie ein solcher auch den Kaiserpalast umgibt.
Aus anliegender Skizze werden Sie sich ein ungefähres Bild machen können. Innerhalb dieser stolzen Mauern liegt nun eine Stadt die von Schmutz strotzt. 
Im Gegensatz zu allen anderen chinesischen Städten, ist sie von geraden, zum Teil breiten Straßen durchzogen. Die einstöckigen Häuser, sind meist aus leichten Backsteinen, teils aber auch aus Lehm gebaut. In den Hauptstraßen enthalten sie Kauläden, Restaurationen, Tee- und Spielhäuser und haben, da ein großer Teil des Lebens sich auf der Straße abspielt, meist Menschenmengen vor der Tür. Alle Häuser der Reichen liegen in engen Querstraßen und sind stets von einer Mauer umgeben und fest verschlossen. Die Häuser selbst sind klein und einstöckig, so dass daher zu der Wohnung reicher Leute stets eine ganze Anzahl Häuschen gehört die um kleine Höfe herum gebaut sind.
In den schmutzigen Straßen bewegt sich eine noch schmutzigere widerwärtige Bevölkerung, untermischt mit Scharen von Hunden die hier unter freundlicher Mitwirkung von Raubvögeln und Krähen die Straßenreinigung in die Hand nehmen. Da es hier nur im Sommer regnet - hier ist seit zwei Monaten kein Tropfen gefallen - ist der Boden sehr trocken und bildet naturgemäß eine Erscheinung, mit der gerechnet werden muss. Jeder Wind - Gott sei Dank ist auch er nur selten weht gewaltige Maßen schmutzigen Staubes in die Lüfte; wer keine Staubbrille hat, muss auf Augenentzündung gefasst sein.
Von den Palästen sind der von mir bewohnte und der 10km nordwestlich gelegene Sommer Palast gut gehalten gewesen. Alle anderen tragen wie die Stadtmauern, sichtbare Spuren des Verfalles, ebenso wie auch die weit aus meisten Tempel. Von diesen Einrichtungen gibt es hier - und auch überall im Lande - unglaublich viele und sind sie allermeist Buddha geweiht. Unter Tempel darf man nun niemals ein einzelnes Gebäude verstehen sondern immer eine innerhalb einer hohen viereckigen Mauer gelegenen Mehrzahl, manchmal Unzahl von Gebäuden. Selbst auf diesen werden es nie weniger als 4-5 sein. Bei größeren liegen meist drei, aber auch manchmal 4-5 senkrecht hintereinander, eine Steigerung der Heiligkeit darstellend und dann dazu zahlreiche Nebengebäude.
Der Himmelstempel - einer der heiligsten Orte hierselbst hat beinahe quadratische Form eine Seitenlänge von 1400m, der daneben liegende des Ackerbaus ist nur wenig kleiner; in der Kaiserstadt liegen mehrer hohe große die der Verehrung der Vorfahren gewidmet sind im Norden der Tartarenstadt ein gewaltiger Lama Tempel mit weiten Klostergebäuden dessen Bonzen Werth darauf legen noch schmutziger und abgerissener auszusehen, als die übrigen Mitmenschen.
Peking soll 1 Million Einwohner gehabt haben, nach anderen Angaben aber nur 500.000. Genau weiß man so etwas in China nie. Viele Menschen waren geflohen und kommen erst allmählich wieder,  viele sind ums Leben gekommen und viele mit dem Hofe fortgegangen. Die Stadt hat gewaltig gelitten und sind noch jetzt ganze Stadtviertel Schutthaufen. Ebenso sind viele an Eigentum geschädigt, zunächst durch Ausschreitungen der Boxer, dann aber durch die 3tägige offizielle und nachher folgende inoffizielle Plünderung durch Russen, Japaner, Engländer (9/10 Inder), Franzosen und Amerikaner.
Diese 5 Nationen werfen sich gegenseitig vor, dies Geschäft am rohesten betrieben zu haben; alle sind aber einig, dass im auffinden verborgener Werthsachen der Inder, in Unverfrorenheit im Wegschleppen den Amerikanern die Palme gebührt. Japaner, die alles mit Gründlichkeit betreiben, haben wahrscheinlich das meiste bare Geld gefunden. Gerüchte eines Schatzes, den die Russen gehoben haben sollen, gehen um, sind aber noch nicht völlig beglaubigt.
Den Spürsinn der Inder kann man als ?? hinstellen, im rohen Zertrümmern den biederen Russen. Die Franzosen, die sich am schlechtesten geschlagen haben sollen - ihre ersten Truppen waren Koloniale von Hinterindien, die 2. Sendung von Linientruppen ist gut - beteuern ihre Unschuld, fragt man aber eine der anderen Nationen, so heißt es immer: "Sie haben genauso geplündert wie wir alle!"
Sie wissen, was noch alles mit Plündern zusammenhängt und wie schnell der Mensch zur Bestie wird. Das ist hier gründlich geübt worden. Von der Mündung des Peiho über Tientsin bis Tungschou und dazu bis Peking ist die Kriegsfurie hingezogen, es sind da alle Städte und Dörfer  - allerdings ist der Streifen nur schmal – völlig niedergebrannt. Tientsin, das eine Million Einwohner hatte, zum guten Drittel. Tongha hatte 50.000, Tungschou 150.000, so dass nach sehr mäßigen Schätzung 500.000 Menschen obdach- und brotlos geworden sind.
Die Häuser sind meist von Lehm gebaut und leicht bedacht, es ist zum Aufbau aber noch wenig gekommen, so dass wir nunmehr sehr von herumstreifenden Banden zu leiden haben.
Ich glaube kaum, dass seit dem 30jährigen Kriege und den Franzosenbesuchen in Deutschland unter Louis XIV ähnliches an Verwüstungen da gewesen ist. Und nun das massenhafte Erschießen von Boxern oder solchen, die in Verdacht stehen, es zu sein, mit dem jedes Mal das Abbrennen des Dorfes verbunden ist. Der Soldat muss hier schnell verrohen! Ein wahres Glück ist es, dass deutsche Soldaten erst gekommen sind, als Schlimmste vorüber war!
Doch sehe ich, dass ich Ihnen allerdings viel erzählt habe, nur nicht von dem, was Sie eigentlich wissen wollten und will dieses nun nachholen.
Nach meiner festen Überzeugung hat der Kaiser durch Schaffung des Oberkommandos der Sache einen großen Dienst geleistet. Ich fand hier Zustände vor, die kaum noch haltbar waren und zu großen Unzulänglichkeiten führen mussten; sie sind nun ganz erträglichen Zuständen gewichen. Ich stehe mit allen Generalen auf dem besten Fuße und ist es mir gelungen, Skandalen, die ich zahlreich hätte haben können, zu vermeiden. Ich muss da natürlich sachter auftreten, als es meinen Neigungen entspricht.



"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
...langten wir in der Festung Zan an, die ohne Gefecht eingenommen wurde. Durch Pioniere wurde ein großer gefüllter Pulverschuppen in die Luft gesprengt, die Fensterscheiben unserer Quartiere bleiben trotz des furchtbaren Knalles merkwürdigerweise sämtlich ganz, -- sie bestanden aber auch nur aus chinesischem Papier. Vier große Festungsgeschütze wurden bei dieser kleinen Expedition erobert.

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2 – 4 ½ Uhr n Probe in den Stadthallen (Town Halle) 9 – 11 ½ Uhr abends Konzert. Es sang auch eine deutsche Dame, schöne Stimme und 1 Herr (Engländer) englisch. Das Konzert war sehr gut besucht. 1427 $ Einnahme

Mittwoch,
05. Dezember
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4:30 Uhr an Bord zurück, von Herrn Ziegler das Theemännchen geschenkt bekommen. 
Donnerstag,
06. Dezember
Nikolaus
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11 Uhr kam Kapitän Lans (Iltis) auf einem großen Hamburger Postdampfer hier an. Der Admiral auf der Kommandobrücke, 3 Hurras, Musik den Preußenmarsch. Vormittags großes Bootssegeln. 
Freitag,
07. Dezember 
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Stürmisches Wetter. 10 Uhr nach Shanghai, beim Generalkonsul zu Tisch zu spielen. Anwesend Exzellenz Bendemann, unsere anderen Herren und Kapitän Lans. 4:30 zurück. Heute Post, zwei Briefe aus Potsdam. 
Samstag, 08.
Dezember
Mariä Emfängnis

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Stürmisches Wetter. Abends an Land 'Astor House' Konzert, wir mussten an der Bankspier herunter, um ins Boot zu kommen. Wieder sehr besucht, bis zum letzten Platz besetzt. 

Sonntag,
09. Dezember
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Zurück. Wind gelegt, ziemlich glatte See, kleine Kirche. Post, 2 Briefe aus Potsdam, welche mir keine Freude brachten und einer wegen Familienangelegenheiten an den Kommandant. 
Montag,
10. Dezember
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Bekamen wir wieder Post, nichts dabei. Es kamen für uns 4 Fähnriche mit 3 Mann von meinem Chore in Arrest. 2 1 Tag weil sie für Bendemann nicht Front gemacht haben. 1 wegen totaler Trunkenheit 2 Tage. Kpt. Lans tritt von hier aus seine Heimreise an. 
Dienstag,
11. Dezember
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8 Uhr schießen auf Scheibe im Schlepp mit Aufsatzrohren. 
Mittwoch,
12. Dezember
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Schießen wie gestern. Ein Schreiben an den Kommandant von den Schwiegereltern, Familienangelegenheiten. 
Donnerstag,
13. Dezember

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
...kehrten wir bei empfindlicher Kälte zurück. Die Geschütze wurden vorläufig auf dem Taku-Platz aufgestellt.
Während unserer Abwesenheit war leider ein Kamerad am Typhus verstorben und auf dem englischen Friedhofe unter militärischen Ehren beigesetzt worden.
Jetzt mussten wir noch einige Male nach Tongku und Maultiere holen. Über deren Störrigkeit will ich lieber ganz schweigen, gesagt sei nur, dass bei den Reitversuchen öfters der Reiter mitsamt dem Sattel und Zaumzeug an der Erde saß, während der Muli (unser Scherzwort für Maultier), ohne etwas am Reitzeug zerrissen zu haben, die Flucht ergriff und sich aus sicherer Entfernung mit seinem oft verwünschten Eselgeschrei noch über seinen abgesetzten Reiter lustig machte.
Einige andere Kolonnen bekamen diese Maultiere und wir von den betreffenden Kolonnen die uns noch fehlenden Pferde, so dass wir jetzt zu unseren 37 Fahrzeugen die etatsmäßige Stärke von 195 Pferden hatten, die in unserem festgebauten massiven Stall in einem Stallzelt und in einigen kleinen chinesischen Häusern hinter dem Tivoli untergebracht waren.
Das Reiten und fahren ging nun wieder tüchtig los und zwar an Vor- und Nachmittag.


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Fürst Bismarck in See, 1 Uhr. Mittags ein paar Becken gekauft. Schießen. Heute Post nichts bei.

Freitag,
14. Dezember
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Schönes sonniges Wetter. Schießen. Post nichts dabei. Abends wieder etwas stürmisch. Hier ist es merkwürdig, freitags bis dienstags stürmisch, dann immer gutes Wetter. Das ist schon so, so lange wir hier vor Wusong vor Anker liegen. 
Samstag,
15. Dezember
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Konzert in Shanghai, sehr voll, große Erfolge. 
Sonntag,
16. Dezember
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8 Morgenmusik beim Generalkonsul. Als Geschenk 1 Kiste Zigarren, 1 Kiste (48) Flaschen Münchner Bier. mittags an Bord großes Dinner beim Admiral, abends bei den Offizieren. 
Montag,
17. Dezember
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Großes Boots und Landungsmanöver. Herrliches Wetter.
Dienstag,
18. Dezember
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Herrliches Wetter. 11 Uhr bekamen wir eine Depesche dass S.M.S. Gneisenau untergegangen ist, mit starken Verluste von Menschenleben. Es darf daher kein Spiel geführt werden.
Mittwoch,
19. Dezember
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Nähere Depesche schreibt heute: 'Gneisenau 136 Tote (lt. aktuellen Quellen sind 41 Tote bestätigt) darunter der Kapitän Kretschmann und Kptl. Bernghaus'. Heute Postdampfer, nichts dabei. Schießübung bis 9 Uhr abends. Anker auf 8 Uhr  bis 6 Uhr abends.
Donnerstag,
20. Dezember
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
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Schießen bis 10 Uhr nachts. ¼ v. 10 fuhr ich 2 Depeschen  halber mit S90 nach Shanghai, 5 Uhr zurück.
Freitag,
21. Dezember
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Großes Klar Schiff und Landungsmanöver. Es wurde mit Maximgeschützen scharf geschossen auf Scheiben in Schlepp. 12 Uhr Anker auf zum Kohlen nehmen auf unseren alten Ankerplatz. 1 Uhr kam ein englischer Kreuzer, im Hafen salutierend. Salut wurde erwidert. 3 Uhr mehrere Dampfer, darunter 2 große Deutsche. Brandenburg 3 Uhr Landungsmanöver.

 

Samstag,
22. Dezember

Kollektivnote der Vertreter der Mächte in Peking an die chinesische Regierung

„Im Laufe der Monate Mai, Juni, Juli und August laufenden Jahres sind in den nördlichen Provinzen Chinas schwere Unruhen ausgebrochen und Verbrechen ohne Gleichen in der Geschichte der Menschheit, Verbrechen gegen das Völkerrecht, gegen die Gesetze der Humanität und gegen die Civilisation sind unter besonders verabscheuungswürdigen Umständen begangen worden.
Folgende sind die hauptsächlichen Verbrechen:
1. Am 20. Juni wurde Se. Excellenz Baron von Ketteler, Gesandter von Deutschland, auf dem Wege ins Tsungli Yamen in Ausübung seiner Amtsthätigkeit von Soldaten der regulären Armee ermordet, die hierbei im Auftrage ihrer Vorgesetzten handelten.
2. Am selben Tage wurden die fremden Legationen angegriffen und belagert. Diese Angriffe folgten einander ohne Unterbrechung bis zum 14. August, an welchem Datum die Ankunft der fremden Truppen ihnen ein Ende bereitete. Sie wurden von regulären Soldaten verübt, die sich den Boxern anschlossen und den aus dem kaiserlichen Palast kommenden Befehlen des Hofes folgten.
Zur gleichen Zeit liess die chinesische Regierung durch ihre Vertreter bei den Mächten officiell erklären, dass sie die Sicherheit der Legationen verbürge.
3. Am 11. Juni ist der Kanzler der japanischen Gesandtschaft Sugiyama in Erfüllung einer amtlichen Mission an den Stadtthoren durch Reguläre getödtet worden.
In Peking und in mehreren Provinzen sind von Boxern und regulären Truppen Fremde ermordet, gefoltert oder angegriffen worden und hatten letztere ihr Heil nur ihren eigenen hartnäckigen Widerstandsleistung zu danken. Ihre Niederlassungen sind geplündert und zerstört worden.
4. Die Friedhöfe der Fremden in Peking sind bekanntlich profanirt, die Gräber geöffnet und die Gebeine verstreut worden.
Diese Ereignisse haben die fremden Mächte dahingeführt, ihre Truppen nach China zu schicken, um die Existenz ihrer Vertreter und Staatsangehörigen zu beschützen und die Ordnung wiederherzustellen.
Auf ihrem Marsch nach Peking sind die verbündeten Armeen auf den Widerstand chinesischer Heere gestossen und haben sie durch Gewalt besiegen müssen. Nachdem China seine Verantwortlichkeit anerkannt, sein Bedauern bezeigt und den Wunsch zu erkennen gegeben hat, die Situation beendet zu sehen, welche durch die angeführten Unruhen geschaffen worden ist, haben die Mächte beschlossen, seiner Bitte unter den nachfolgenden, unwiderruflichen Bedingungen Gehör zu geben, welche sie als unerlässlich ansehen, um die begangenen Verbrechen gutzumachen und deren Erneuerung vorzubeugen.

Artikel I. a) Entsendung einer durch einen kaiserlichen Prinzen geführten Specialgesandtschaft nach Berlin, um das Bedauern Sr. Majestät des Kaisers von China und der chinesischen Regierung über die Ermordung weiland Sr. Excellenz des Barons von Ketteler, Gesandter Deutschlands, auszudrücken.
b) Errichtung eines  dem Range des Verstorbenen angemessenen Erinnerungsdenkmales an der stelle, wo der Mord stattgehabt hat, welches eine in lateinischer, deutscher und chinesischer Sprache abgefasste Inschrift zu tragen hat, die das Bedauern des Kaisers von China über das begangene Verbrechen ausdrücken soll.
Artikel II. a) Die strengste, ihren Verbrechen angemessene Strafe für die im Edict vom 25. September bezeichneten und die noch von den Vertretern namhaft zu machenden Personen.
b) Suspendirung aller für die Erlangung von Aemtern vorgeschriebenen Prüfungen auf die Dauer von fünf Jahren in allen Städten, wo Fremde massacrirt worden sind oder grausame Behandlung erfahren haben.
Artikel III. Die chinesische Regierung wird der japanischen Regierung Ehrengenugthuung für die Ermordung des Kanzlers der japanischen Botschaft, Sugiyama, gewähren.
Artikel IV. Von der chinesischen Regierung wird in jedem der profanirten fremden oder internationalen Friedhöfe, deren Gräber zerstört worden sind, ein Sühnemonument errichtet werden.
Artikel V. Aufrechterhaltung des Verbotes der Einfuhr von Waffen, wie von Material, das ausschliesslich für die ‚Erzeugung von Waffen und Munition dient; die näheren Bedingungen hiefür werden noch von den Mächten festgesetzt werden.
Artikel VI. a) Angemessene Entschädigung für die fremden Staaten, Gesellschaften und Privaten, ebenso wie für jene Chinesen, welche im Laufe der Begebenheiten deswegen an ihrer Person oder an ihrem Besitz Schaden erlitten haben, weil sieim Dienste Fremder standen.
b) China wird finanzielle Massregeln ergreifen, die für die Mächte annehmbar sind, um die Bezahlung der besagten Indemnitäten und den Anleihedienst zu garantiren.
Artikel VII. Jede Macht hat das Recht, eine Wache für ihre Gesandtschaft aufzustellen, und alle zusammen, das Diplomatenviertel in vertheidigungsfähigen Zustand zu versetzen. Chinesen werden nicht das Recht haben, im genannten Viertel zu wohnen.
Artikel VIII. Die Forts von Taku und jene, welche den freien verkehr zwischen Peking und der See verhindern könnten, werden geschleift werden.
Artikel IX. Das Recht für die Mächte, gewisse Punkte, welche sie in gegenseitigem Uebereinkommen bestimmen werden, militärisch zu besetzen, um den freien Verkehr zwischen der Hauptstadt und dem Meere aufrecht zu erhalten.
Artikel X. Die chinesische Regierung wird während zwei Jahren in allen Unterpräfecturen ein kaiserliches Edict folgenden Inhalts öffentlich anschlagen lassen:
a) Immerwährendes Verbot, unter Todesstrafe einer fremdenfeindlichen Gesellschaft anzugehören.
b) Aufzählung der Strafen, welche den Schuldigen auferlegt worden sein werden, einschliesslich der Suspendirung aller Prüfungen in den Städten, wo Fremde ermordet oder grausam behandelt worden sind.
c) Ein kaiserliches Edict wird zu erlassen und im ganzen Reiche zu veröffentlichen sein, welches erklärt, dass die Generalgouverneure, Gouverneure und Provinz- oder Localfunctionäre für die Ordnung in ihren Bereichen verantwortlich sein werden und dass diese Functionäre im Falle neuerlicher fremdenfeindlicherer Unruhen oder wenn andere Verletzungen der Verträge nicht sofort unterdrückt und die hieran Schuldigen nicht bestraft werden sollten, sogleich abberufen werden, noch neue Ehren erhalten zu können.
Artikel XI. Die chinesische Regierung verpflichtet sich, über jene Ergänzungen zu verhandeln, welche die fremden Regierungen hinsichtlich der Handels- und Schiffahrtsverträge und anderer in die Handelsbeziehungen einschlägigen Angelegenheiten für nöthig erachten, um diese letzteren zu erleichtern.
Artikel XII. Die chinesische Regierung verpflichtet sich, den Dienst der auswärtigen Angelegenheiten zu reformiren und das Hofceremoniell bezüglich des Empfanges der fremden Vertreter in jenem Sinne abzuändern, welchen die Mächte angeben werden.
Solange als die chinesische Regierung nicht die zur Genugthuung der Mächte den oberwähnten Bedingungen nachgekommen ist, sind die Unterzeichneten nicht im Stande, das Ende de Besetzung von Peking und der Provinz Petschili durch die internationalen Truppen in Aussicht zu stellen.“

Peking, 22. December 1900

Für Deutschland                      gezeichnet Mumm,
  “   Oesterreich-Ungarn                 “        Czikann,
  “   Belgien                                    “        Joostens,
  “   Spanien                                   “        Cologan,
  “   Vereinigte Staaten                    “        Conger,
  “   Frankreich                               “         Pichon,
  “   Grossbritannien                        “         Satow,
  “   Italien                                       “         Salvago-Raggi,
  “   Japan                                       “          Nissi,
  “   Niederlande                             “          Knobel,
  “   Russland                                  “          Giers.


Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
 

Ankunft unserer Weihnachtsbäume aus Japan. Nachmittag 1 Uhr Anfang mit Kohlen übernehmen. 8 Uhr abends fertig.
Sonntag,
23. Dezember
Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
 

In Shanghai Konzert gehabt. Wie immer voll. Es war auch eine russische Fürstin anwesend mit Gefolge. Hela hier eingetroffen.
Montag,
24. Dezember 
Heiligabend
"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
Am 24. Dezember hatten wir vormittags ein paar Stunden Reiten, nachmittags Abmarsch zum Kirchgang in einem großen früheren Warenaufbewahrungsraum, der zur Kirche umgewandelt worden war. Ein herrlich im Lichterglanze strahlender Weihnachtsbaum erinnerte an die Leiben und vergangene Festesfreuden in der fernen Heimat.
Als das Lied: "Stille Nacht, heilige Nacht" verklungen war, sprach der Prediger. Er gedachte der Lieben daheim, wie die Eltern der Chinakämpfer wohl ihre Weihnacht feiern mochten, wie die einen vielleicht gerade die Nachricht vom Tode ihres Sohnes erhalten hätten und nun traurig bei einem schmucklosen, kleinen Baum säßen, indes andere die Briefe aus dem fernen Osten studierten und sich auf die Rückkehr des Sohnes freuten.
"Vom Himmel hoch da komm ich her",
"Oh du fröhliche, o, du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit"
wurde gesungen, von einer Musikkapelle begleitet, und zurück ging's dann in die Quartiere.
In unserer Stube stand bei unserem Eintritt ebenfalls ein strahlender Weihnachtsbaum. Dann erhielten wir unsere Geschenke, Liebesgaben aus der Heimat: Wein, Zigarren, Tabak, Tonpfeifen, Zigaretten, Seife, Kämme und Strümpfe. Außerdem gab es abends in der Küche Glühwein, was alles dazu beitrug, die Feststimmung zu erhöhen. Beim Gesang der schönen Weihnachtslieder ging der heilige Abend zu Ende.


Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
 

Morgenmusik beim Generalkonsul. Nachmittags Dinner an Bord. Einladungen von Land und Brandenburg beim Admiral.
Dienstag,
25. Dezember
1. Weihnachstag

Tage-Buch über meine Erlebnisse in China.
Tagebuch des Friedrich Neubert 19. Juli 1900 – 24. November 1901 (Privatbesitz Lambert Müller)  
Weihnachten wird gefeiert, hatten eine Fichte als Tannenbaum, schöne Erinnerungen an die Heimat. Jeder bekommt einige Cigarren eine Flasche Bier, Schokolade u.a. Taschentuch. Alles gut verlaufen.

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Die No. 599 des "PEKINGER TAGEBLATTS" erscheint mit einer Tages-Auflage von 50.000 Exemplaren. 
Nachfolgend ein paar Auszüge: 

U N S E R E   F E L D D R U C K E R E I.
Das beruehmte Tsungli-Yamen, welches seit der Ermordung des deutschen Gesandten vielfach das Tagesgespraech bildete, wurde bei der Einnahme Pekings von den Russen in Besitz genommen, ging jedoch nach Abzug derselben in deutsche Haende ueber. Die im Yamen befindliche Druckerei sollte bald zum Nutzen der in Peking anwesenden Truppentheile in Betreib gesetzt werden, aber die Furchtbarkeit des Krieges hatte auch hier die Spuren arger Verwuestung hinterlassen, wovon die vorhandenen Maschinen sowohl, als auch die in einem besonderen Raum befindlichen europaeischen Typen Zeugnis gaben. Waehrend zwischen dem chinesischen Typenmaterial fast die groesste Ordnung vorhanden war, fand man bei dem europaeischen gerade das Gegentheil, denn die Wuth der Bevoelkerung schien sich sogar den unscheinbaren Buchstaebchen zugewandt zu haben, da dieselben theilweise zerbrochen oder verschuettet waren.
Alle Aussicht auf eine ordnungsmaessige Wiederherstellung des ehemals so grossen Betriebes schien anfangs geschwunden; mussten doch saemtliche Maschinen vollstaendig renoviert und, was weit schlimmer war, die einzelnen Lettern wieder sortiert und in Kaesten gelegt werden. Unter der Leitung des Herrn Leutnants v. Stockhausen ging es mit unermuedlichem Fleisse ans Werk des Wiederaufbeuens und man muss unwillkuerlich seine Bewunderung aussprechen, wenn man jetzt die Druckerei betritt.
In dem Raume, in welchem die europaeischen Typen anfangs ein wuestes Chaos bildeten, sind dieselben jetzt nach Moeglichkeit sortiert und kunstgerecht in Kaesten geordnet. Drei Setzer entfalten hier ihre Thaetigkeit, von denen der aelteste, Gefr. Beckmann, gleichzeitig den inneren Betrieb der Druckerei leitet, waehrend der Muskt. Hübner und Seesoldat Roedinger sich ganz der Herstellung der einzelnen Satzarten widmen.
Im Maschinenraum sind jetzt fast alle Pressen in Betreib, waehrend die noch nicht gangbaren von musketier Scholz in Stand gesetzt werden. Die Seesoldaten Nestler, Meyer und Verra sind hier mit der Anfertigung der Drucksachen beschaeftigt, welche bei den immerhin nur fuer chinesische Zwecke eingerichteten Maschinen eine gewisse Schwierigkeit bereitet. Selbst das chinesische Papier muss, um zum Drucke ueberhaupt verwendbar zu werden, erst gehoerig gepresst und in Ermangelung einer Schneidemaschine mit einem Messer zugerichtet werden, mit welcher Arbeit der Muskt. Holtermann betraut worden ist. Aber die Jünger Gutenbergs lassen sich den Ruhm nicht nehmen, auch unter den schwierigsten Verhaeltnissen den an sie gestellten Anforderungen zu entsprechen.-
Waehrend frueher in dem so umfangreichen Yamen  (in Folge des Krieges) ein wuestes Durcheinander bestand, erfreut man sich jetzt der immer mehr zunehmenden Ordnung und Sauberkeit. Der Seesoldat Birschkus, welcher mit der Wahrnehmung der aeusseren Wirtschafts-Angelegenheiten betraut worden ist, hat mit Huelfe ihm zur Verfuegung gestellter chinesischer B a u h a n d w e r k e r (!) zunaechst die Wohnungen fuer saemmtliche Betriebs-Angehoerigen eingerichtet. Eine Anzahl Kulis sind auch jetzt noch unter seiner Aufsicht mit den Aufraeumarbeiten beschaeftigt, so dass binnen kurzer Zeit wieder einigermassen geordnete Zustaende im ganzen Yamen eintreten werden.
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B E D I N G U N G E N   F U E R   P O S T S E N D U N G E N.
Unsere verehrten Leser seien an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass Postpackete auch waehrend des Winters zur Befoerderung in die Heimath angenommen werden und geben wir im Nachstehenden die Bedingungen, unter denen die Annahme erfolgt:
Postpackete muessen in starke Kistchen verpackt oder besser in Leinewand genaeht sein.
Zubehoer: 1 Packetadresse, 1 Zollinhaltserklaerung.
Groesste Ausdehnung bez. Raumgroesse: 30 Kubikdcm.
20 Centimeter   20 Centimeter   30 Centimeter
25 Centimeter   30 Centimeter   30 Centimeter
60 Centimeter   50 Centimeter   33 Centimeter
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30 Kubikdcm.    30 Kubikdcm.     29,7 Kubikdcm.
Hoechstgewicht: 5 kg.
Postpackete nach Deutschland kosten:
a) über Bremen (Hamburg) bis 1 kg   1 Mk. 60Pf.
                                   1 bis 5 kg   2 "    40 "
b) über München               bis 1 kg   2 "    60 "
                                   1 bis 5 kg   3 "    20 "
Feld-Postkarten und -Briefe, sowie Geldsendungen bis zu 800 Mark werden portofrei befoerdert.
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Anmerkung
Die schwarzen Punkte mitten im Satz bedeuten das kleine Z!; da die Schrift speziell nur fuer englischen Satz eingerichtet ist, und im englischen selten ein Z! vorkommt, waren wir gezwungen, zu diesem ungewoehnlichen Hilfsmittel zu schreiten. 

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.        
Am ersten Feiertage erhoben wir uns etwas später als gewöhnlich aus den "Federn", um die Pferde zu füttern.
Den Nachmittag verlebten viele im Tivoli, wo ebenfalls ein herrlicher Baum aufgestellt war. Dieser, die Weihnachtszigarren und ein guter Trunk mußten die Heimat ersetzen.


Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
 

Große Bescherung 5 ½ Uhr nachmittags. Die Deckoffiziere kamen nachmittags alle von Brandenburg zu uns. Vormittags Übernahme von Bier aus Deutschland. 500 Kisten Kantine, 700 Kisten Deckoffiziermesse, 800 Kisten Offiziere, außer Butter, Schnittbohnen u.s.w. Nachts 12 Uhr bekam ich eine Depesche von Land. Kirche Vormittag nach der Musterung. Abschiedsessen von Leutnant Gibler, kommt auf die Brandenburg.

Mittwoch,
26. Dezember
2. Weihnachstag
 "Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.       
Der zweite Festtag war jedoch für uns kein solcher mehr, er fand uns schon wieder bei unseren vierbeinigen Lieblingen im Tiergarten (Pferdestall), denn -- im Felde gibt es nicht viel Feiertage


Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
 

Wieder große Musterung. Nachmittags alle Deckoffiziere auf Brandenburg.
Donnerstag,
27. Dezember
Ein kaiserliches Edikt ermächtigt die chinesischen Unterhändler zur Annahme der Bedingungen der fremden Mächte vom 22. Dezember.

Tage-Buch über meine Erlebnisse in China.
Tagebuch des Friedrich Neubert 19. Juli 1900 – 24. November 1901 (Privatbesitz Lambert Müller)
Wachdienst und Wache


"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.        
Am 27. erhielten wir schon wieder die traurige Kunde, ein zweiter unserer Kameraden war dem Typhus erlegen und wurde am nächsten Tage beerdigt.

Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
 

Herrliches Wetter. War heute an Land. Mittags kam Post. Ich hatte eine Karte aus Ritteburg von Louisen, 1 Brief von B. Kirkowsky aus Gertemünde.

Freitag,
28. Dezember
Tage-Buch über meine Erlebnisse in China.
Tagebuch des Friedrich Neubert 19. Juli 1900 – 24. November 1901 (Privatbesitz Lambert Müller)
Wachdienst und Wache

Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
 

Geburtstag des Obermaschinist Berndt. Am Schiff wird außen die Farbe abgeklopft und abgekratzt. Wörth heute Nachmittag von Nagasaki hier eingetroffen. 

Samstag,
29. Dezember
Tage-Buch über meine Erlebnisse in China.
Tagebuch des Friedrich Neubert 19. Juli 1900 – 24. November 1901 (Privatbesitz Lambert Müller)

Gottesdienst. Nachm. Ausgehen.

Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
 

Etwas windig. Großes rein Schiff. Abends in Shanghai Konzert, sehr voll. Habe von Herrn Fondey eine silberne chinesische Kriegsdschunke geschenkt erhalten und ein wertvolles Buch mit Zeichnungen chinesischer Sitten. 

Sonntag,
30. Dezember
Tage-Buch über meine Erlebnisse in China.
Tagebuch des Friedrich Neubert 19. Juli 1900 – 24. November 1901 (Privatbesitz Lambert Müller)
Hauptsächlich nur Wache und Arbeitsdienst, weniger exerzieren, hin und wieder kleiner Übungsmarsch.

"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
  ...vormittags war Kirchgang, am Nachmittag wurden die Pferde nach Farbe zugweise eingeteilt und nachdem fand eine genaue Geschirrverpassung statt.


Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
 

Fünf Uhr, Morgenmusik beim Generalonsul. Mittags großes Dinner an Bord beim Admiral. 18 Gedecke, die meisten Damen von Land mit S92 von Shanghai gekommen. Um 12 ¼ Uhr zurück. Besuch von der Wörth in unserer Messe. Der Kommandant  ist mit nach Shanghai gefahren.

Montag,
31. Dezember
Silvester
Hinrichtung Enhai
Heute wurde der Attentäter Enhai hingerichtet.


"Aus dem Tagebuche eines Chinakriegers" von Paul Ramsauer. Verlag der Hecknerschen Druckerei, Wolfenbüttel, o.J.
           
... Fahrübung auf dem Taku-Platz, abends brachte uns Glühwein in Sylvesterstimmung. Das Konzert dazu lieferte einer unserer Trompeter, der von anderen auf improvisierten Pauken und Trommeln begleitet wurde, was natürlich eine liebliche Musik abgab.


Am Tag der Hinrichtung des Attentäters Enhai, wurde das Grab des Freiherrn von Ketteler von den chinesischen Behörden festlich geschmückt.
 



Fortsetzung: Reise nach China – S.M.S. Kürfürst Friedrich Wilhelm
Tagebuch des Kapellmeisters F. König 7. Juli 1900 – 9. August 1901
 
Vorbereitung zu Neujahr. 11 ¾ Uhr nachts die Musik auf die Laufbrücke. Punkt 12 Uhr 1. 'Nun danket allen Gott' 2. 'Nun lasst uns gehen und beten' 3. 'Stolz weht die Flagge schwarz weiß rot' 4. 'Deutschland über alles', geblasen. Es war eine herrliche Feier (Ein großer Stern 5m Durchmesser, elektrisch, darunter 1901 3m hoch, ebenfalls elektrisch. Alle Mann waren an Deck und haben kräftig gesungen. Nachdem waren in unserer Messe bis 5 ½ Uhr früh der Oberzahlmeister, Oberingenieur, I. Offizier Graf von Zeppelin, Lieber und Pfahl.